Nach einem komplizierten Papierkrieg (wegen Corona) hatten Paulette, Barbara vom Arbeitskreis Südindien und ich alle erforderlichen Unterlagen beisammen, um nach einem Jahr Pause endlich wieder nach Indien einreisen zu können. Unser Visum war dieses Jahr leider auf 30 Tage beschränkt. Nach der Ankunft in Chennai war Covid kein Thema mehr und das Leben auf den Straßen brodelte und wuselte wie immer. Nichtsdestotrotz hat die Corona-Krise ihre Spuren in den Leben der Menschen hinterlassen. Viele haben ihre Arbeit verloren, bzw. sind durch die 2 Jahre lang fehlenden Touristen in Not geraten. Da Geringverdiener keine Kredite von der Bank erhalten, sind sie auf private Geldverleiher angewiesen. Diese verlangen oft bis zu 30 % Zinsen! Alle tragen ihr Schicksal mit Würde und ohne zu klagen und hoffen darauf, dass es keinen erneuten Lockdown geben wird.
27 liebe Spender/innen unter Euch hatten im letzten Jahr 600 Euro für eine Kuh gespendet. Jetzt waren wir neugierig zu sehen, wie die jungen Frauen und ihre Kinder mit den Kühen und Kälbern zurechtkommen. Die Fahrt durch die grünen Reisfelder war wunderschön und die kleinen Dörfchen dazwischen idyllisch anzusehen. Der starke, lange Monsunregen der letzten Wochen hatte jedoch auch seine Schattenseiten: Alle Kuhbesitzerinnen klagten über „Komari“, eine Krankheit, die besonders in der Regenzeit die Kühe und Kälber befällt. Ein Kalb ist leider verstorben. Alle anderen konnten mithilfe von Injektionen des Tierarztes gerettet werden. (Auch eine Krankenversicherung für die Tiere für das erste Jahr war in Eurer lieben Spende eingeschlossen.) Alle Kühe sahen gut genährt aus und sind jetzt zum Teil schon zum zweiten Mal trächtig. Auch die Kälbchen sind gepflegt und werden gut betreut. So waren überall eine Art Unterstellmöglichkeit, sowie Heuvorräte vorhanden. Alle jungen Witwen sind sehr glücklich über die Kühe, besonders da sie während der letzten zwei Jahre ohne Arbeit im Lockdown waren. Die Kühe geben im Durchschnitt 3 ltr. Milch am Morgen und 3 ltr. am Abend. Pro Liter gibt es einen Verdienst von ca. 25 – 30 Rupies (84 Rupies = 1 €), das sind ca. 150 Rupies am Tag. Ihr eigentlicher Verdienst ist die Feldarbeit, die von der Regierung organisiert wird. Hier bekommen sie 100 Rupies am Tag, falls Arbeit vorhanden ist. (15 Tage im Monat sind bestenfalls möglich.) Ihr seht, Eure Kühe sind wirklich in die richtigen Hände gekommen: zu Frauen und Kindern, die mit dem absoluten Existenzminimum leben müssen. Die Frauen können das erstgeborene Kalb behalten. Die folgenden Kälber werden an andere Frauen in unserem Programm weitergegeben.
Mir wurde auch bewusst, was unsere Mitarbeiter/innen hier mit dem Kuhprojekt geleistet haben. Es gab zu Corona-Zeiten teilweise keinen Viehmarkt, so dass sie die geeigneten Kühe bei den Bauern suchen mussten. Dann mussten sie geeignete Witwen finden, wo Wohnsituation und Möglichkeiten vorhanden sind, die Tiere zu unterhalten. Allen hat das Kuhprojekt große Freude gemacht und alle sind bereit, wenn unser Bauprojekt im Om Shanthi Old Age Home beendet ist, weitere Kühe zu verteilen. Eine neue Idee ist ein Ziegenpärchen für 200 Euro. Ein Liter Ziegenmilch ergibt 120 Rupies im Verkauf und alle 6 Monate gibt es Ziegennachwuchs. Ziegen sind auch resistenter gegen Krankheiten und fressen einfach alles und überall. Wir haben noch viele junge Witwen (insgesamt 173), die wir mit einem Ziegenpärchen beglücken könnten, für den Fall, dass Ihr Lust habt zu spenden.
Unser 3. Bauprojekt hat gerade begonnen: Nach dem zweiten Haus (Florence Home 2015) und dem dritten Haus (Kati Home 2018) haben unsere Rotarier-Freunde in Deutschland und in den USA mit einer sehr großzügigen Spende 4 Apartments finanziert, die auf die beiden vorgenannten ebenerdigen Häuser aufgestockt werden. Zwei Apartments werden Notunterkünfte für junge Frauen und ihre Kinder sein. Die anderen beiden Apartments sind eine Kranken- und Isolierstation für unsere alten Frauen. Die Bauarbeiten haben sich durch den zweijährigen Lockdown und die folgenden Überflutungen durch den Monsun bis jetzt verzögert. Wir bedanken uns bei unseren Rotarierfreunden für ihre unendliche Geduld und ihr Vertrauen in unsere Zusammenarbeit.
Unser Sponsorenprogramm mit Schulkindern konnten wir leider nicht durchführen, da alle Schulen und Colleges seit zwei Jahren geschlossen sind und gerade erst zeitweise öffnen. Das Überleben der Bevölkerung war vorrangig.
Wir haben jetzt eine wunderbare neue Sozialarbeiterin: Yogeshwari. Sie hat Englisch studiert, perfekte Computerkenntnisse und 100%iges Mitgefühl mit unseren Frauen, da ihre Mutter Witwe ist und den Lebensunterhalt mit Fegen des Tempels verdient.
Unseren Frauen im Om Shanthi Old Age Home geht es wie immer gut. Manoharan und unsere lieben Helferinnen leisten immerzu wunderbare Arbeit und überlegen, was sie den Frauen Gutes tun können. Sie haben jetzt Singen gelernt. Jeden Montag kommt eine Lehrerin und unterrichtet sie im Singen von heiligen Mantras. Jeden Tag nach dem Spaziergang um 16.30 singen sie alleine. (Ich dachte tatsächlich, sie haben eine CD aufgelegt, als ich sie das erste Mal hörte!) Gestern am Sonntag haben sie nicht gesungen. Auf meine erstaunte Frage, warum sonntags nicht, kam die entrüstete Antwort: „Sie hätten doch sonntags ein Ei gegessen, dann ist Singen nicht angesagt!“ Hm – wieder etwas gelernt!
An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an Manoharan und alle unsere lieben Mitarbeiterinnen im Om Shanthi Old Age Home. Das sind lebendige Engel! Santa Kumari ist jetzt in Rente, stattdessen gibt es Kamala und Sumathi und Radha.
Ein schmerzlicher Abschied steht bevor: Nagamal, die von Anfang an bei uns war, hat Lungenkrebs im letzten Stadium. Wegen Polio konnte sie nicht laufen, aber ihr Frohsinn und Heiterkeit bezauberten alle. Wir werden sie alle sehr vermissen. Wir wünschen Dir einen baldigen, friedlichen Übergang liebe Nagamal!
Ein herzliches Dankeschön Euch allen, die Ihr mit unseren Witwen, dem Om Shanthi Old Age Home und uns verbunden seid. Wir hoffen auch weiterhin auf Eure liebe Unterstützung, denn nur mit Eurer Hilfe können wir diese Arbeit bewerkstelligen.
Gestern postete jemand in facebook unter Tiruvannamalai Community, dass es eine alte Frau gibt, die beide Beine gebrochen hat (waren verbunden), kein Zuhause hat und niemand, der sich kümmert. Ein Foto war auch dabei. Ich war sehr glücklich zu lesen, dass Manoharan schon auf dem Weg war, um sie zu uns zu holen. Das können wir mit Eurer Hilfe tun! Das macht mich so glücklich, denn dazu wurde Om Shanthi Old Age Home gegründet!
Es gibt eine Webseite in deutscher und englischer Sprache: www.widowsofindia.org . Auch eine facebook-Seite, wo Paulette regelmäßig viele Fotos und Texte postet. Schaut vielleicht einfach mal rein.