„Liebe gibt es in meinem Dorf nicht – die gibt es nur hier!“
Wieder ist ein erlebnisreicher, froher Winter mit unseren Witwen, vielen begeisterten Besuchern, engagierten VolontärInnen und liebevollen HelferInnen vorbei und es ist Zeit, davon zu berichten. Am besten hat es eine Besucherin aus USA nach Bea´s Konzert formuliert: „Ich habe die Liebe bisher in Tiruvannamalai vermisst – aber hier ist sie ja!“
Zuerst möchte ich mich bei Euch lieben Spendern und Spenderinnen bedanken. Denn ohne Eure Hilfe wäre Nichts von dem, was ich hier zu berichten habe, möglich geworden.
Deshalb ein dickes DANKE immerzu!
Ich wünsche, ihr könntet sehen und erleben, was für einen Unterschied Eure Unterstützung hier macht. Wie sie neue Impulse gibt an Hirn und Herz, die noch nie erlebt haben, dass behinderte, alte, sozial geächtete Frauen Respekt, Liebe und Wertschätzung erfahren. Radha, eine von unseren Frauen, die die Aussicht hat, von ihrem Sohn vielleicht wieder zurückgeholt zu werden, sagte mir: „Liebe gibt es in meinem Dorf nicht – die gibt es nur hier!“
In diesem Jahr ist der Monsun im November/Dezember vollkommen ausgeblieben. Die Reisfelder auf dem Weg zu unserem Om Shanthi Old Age Home sind nicht grün wie sonst, sondern braun und vertrocknet. Nachts hören wir die Bohrer nach Wasser bohren. Auch die steinernen Wasserbecken sind leer. Die Entschädigung der Regierung für die Bauern ist minimal und nicht ausreichend. Die Zeitungen schreiben, dass es Selbstmorde gibt unter den Reisbauern. Das schreibe ich, damit wir vielleicht ansatzweise verstehen können, wie es zu nachfolgenden Ereignissen kommen kann.
Entscheidende Erlebnisse hatten wir in diesem Winter mit unseren drei Frauen, die wir in einem unsäglichen Zustand von der Straße aufgelesen haben. Saratha wurde aus Kerala hierhergefahren und neben der Straße ausgesetzt. Ghandimathi von irgendwoher aus Tamil Nadu und Sarada wurde vor ihrem Haus liegengelassen. Sohn und Schwiegertochter waren nach Aussage der Nachbarn vor Wochen nach Bangalore gezogen und haben sie ihrem Schicksal überlassen. Alle drei Frauen konnten sich nicht von der Stelle bewegen. Beine und Füße versagen den Dienst. Ihr Zustand war so erbärmlich, dass unsere Angestellten sich weigerten, sie zu versorgen und auch die anderen Witwen Antipathien zeigten. (Sarada spricht nicht ihre Sprache und alle drei Frauen, so hieß es, könnten ihre Ausscheidungen nicht kontrollieren). Viele Gespräche waren nötig, ebenso wie ein dickes Donnerwetter von Manoharan, und das Vorbild von Chandra, einer begnadeten Krankenschwester. Inzwischen hat sich die Stimmung sehr verändert. Nächstenliebe, Demut und Dankbarkeit sind durch unsere drei bedürftigen Neuen in so großem Maß gewachsen, dass ich immer öfter von unserem „Witwen-Ashram“ spreche. Sarada sagte: „Einige Menschen haben mir Essen hingestellt, aber keiner hat mir geholfen!“
Ghandimathi ist Ende Februar friedlich eingeschlafen. Sie wurde unser aller Liebling. Bescheiden und dankbar hat sie jeden angelächelt, der sie mit ihrem Namen anflüsterte. Vor ihrem Übergang hat sie sich bedankt, dass sie bei uns in Frieden sterben darf. Ihr Tod und die Art und Weise, wie Manoharan anstelle des fehlenden Sohnes die nötigen Dinge organisiert, sind auch immer ein Trost für alle anderen 26 Frauen. Die Zeremonien nach dem Ableben sind sehr wichtig für die nächste Inkarnation.
Meinen Dank möchte ich an dieser Stelle Antine aussprechen. Sie ist eine Volontärin aus Ostfriesland, die dort einen ambulanten Hospizdienst betreibt und uns viel helfen konnte. Sie kam genau zur rechten Zeit und hat trotzdem einen schönen Urlaub verbracht. Dank auch an Nicole aus Israel, die mit ihrer Liebe und zärtlichen Massagen Helferinnen und Witwen fast jeden Nachmittag beglückte.
Dank auch an Bea, die uns wunderbare Lieder sang und am Ende ihres Aufenthalts alle Frauen mit dem Lied: „Das Wandern ist des Müller´s Lust“ mit Polonäse unter viel Gelächter durch den Garten führte. Auch Dank an Ilona, die dieses Jahr alle Frauen mit Mandalas beglückte. Viele sind begeisterte Mandala Ausmalerinnen geworden und der Platz an den Wänden wird knapp.
Wir werden und müssen uns weiter räumlich ausbreiten. Im Mai werden voraussichtlich die Bauarbeiten für unser 3. Haus (ein Hospiz, bzw. eine Intensiv-Pflegestation) auf gleichem Grundstück beginnen. Es wird 10 Betten haben. Das früher anvisierte Gebäude ist zu weit weg und würde mehr Personalkosten verursachen.
Außerdem werden wir unsere Sozialarbeit ausdehnen. Chandra ist schon dabei, junge Witwen in den Dörfern aufzusuchen und zu schauen, wie wir ihnen helfen können. Es gibt auch in der Stadt Tiruvannamalai alte Frauen, die nicht in unserem Heim wohnen wollen oder können, die wir aber regelmäßig betreuen müssen, weil sie von ihren Familien ausgebeutet werden. Sie werden zum Betteln geschickt oder bekommen nicht genug Nahrung. So haben wir auch schon einmal die Polizei zu einem rabiaten Schwiegersohn geschickt.
Wir brauchen Eure lieben Spenden! Bitte helft uns weiterhin! Wir haben fast keine Verwaltungsgebühren außer Post, Papier und Druckerfarbe und arbeiten ehrenamtlich. Ausgenommen natürlich unsere Hilfskräfte im Om Shanthi Old Age Home, die auch Witwen sind und die natürlich ein angemessenes Gehalt bekommen. Danke an Euch alle!
Wenn alle einsehen würden, dass nicht das Horten und Vermehren von Geld, sondern dass Teilen und Schenken glücklich macht, dann sähe die Welt anders aus. Ihr seid alle eingeladen unsere kleine andersartige Welt im Om Shanthi Old Age Home zu erleben. Hier spielen Geld, Herkunft und Kasten keine Rolle.
Das Glück berührt jeden, der über diese Schwelle tritt. Schreib mir einfach, wenn Du „unser“ Indien in Tiruvannamalai mit dem heiligen Berg Arunachala und unsere wunderbaren Frauen im Om Shanthi Old Age Home besuchen möchtest. Ihr seid herzlich willkommen!
Namasté und Arunachalam!
Anna und alle Frauen