März 2018 Einweihung unseres Om Shanthi Hospiz „Kati-Home“

Die Kuh im Haus bringt Glück

Wieder ist ein Winter bei unseren Witwen in Tiruvannamalai vergangen und ich versuche, mich an alles zu erinnern, was geschehen ist, seit ich am 26.12.2017 hier angekommen bin.

Das besondere Ereignis war der Bau des 3. Hauses, unseres Om Shanthi Hospiz. Der Baubeginn war im September 2017 nach der großen Dürre und dem darauffolgenden Regen. Nie habe ich einen Bau mit einer solchen Geschwindigkeit wachsen sehen. Wie ein gut funktionierendes Uhrwerk erschienen die entsprechenden Handwerker jeden Tag und erledigten alle Arbeiten ohne Leerlauf und Wartezeiten. Am 11.2.2018 (einem glückbringenden Datum) feierten wir die Einweihung von Kati-Home (benannt nach der großzügigen Spenderin). Es war ein wunderschönes Fest vor Sonnenaufgang mit vielen lieben Gästen aus dem Shanthimalai Ashram, allen Handwerkern, Dorfbewohnern und unseren Witwen. Eine sehr stattliche Mutterkuh und ihr Kalb wurden besonders gesäubert und geschmückt. Beide mussten als erste das Haus betreten und verrichteten dabei ihre glücksbringenden Geschäfte: saftige Kuhfladen auf der Veranda und einen dicken Strahl flüssigen Segen im Haus. Das ist nicht selbstverständlich, erklärte man mir. Oft sind die Kühe verkrampft und ängstlich und nichts passiert. Danach folgte die Feuerzeremonie der Brahmanenpriester. Mit uralten Gesten, vedischen Gesängen und Zeremonien wird der Segen der „anderen Seite“ erbeten, ohne den nichts in Indien funktioniert. Hier ist das Geheimnis verborgen, was uns Indien so rätselhaft und anziehend macht.

Anschließend haben wir uns bei allen Arbeitern und Arbeiterinnen persönlich mit Geschenken für ihre gute Arbeit bedankt. Das war mir eine besondere Freude. Ein reiches indisches Frühstück für alle beendete die Feier, während die Sonne aufging und eine neue Phase im Leben von zunächst vier Frauen begann, die hier ihre letzte Lebenszeit verbringen werden:

Mit liebevoller Betreuung, wie sie sie bestimmt noch nie erlebt haben. Herzlichen Dank Kathy und allen Spendern und Spenderinnen, die dazu beigetragen haben, dass dieser Traum, von einem Ort, wo heimatlose ausgestoßene Frauen einen friedlichen Übergang erleben können, Wirklichkeit geworden ist. Wie sehr wünsche ich mir, dass Ihr alle es erleben könntet, wie glücklich Bewohnerinnen und Betreuerinnen (auch Witwen) sind. Die Tatsache, dass das Glück, das wir geben, vervielfacht zu uns zurückkommt, ist hier ganz deutlich zu erkennen. Alle 30 Bewohnerinnen und ihre sieben Betreuerinnen, rund um die Uhr, sind Kraftwerke der Liebe und Freude…… Das empfinden auch die vielen Besucher so, die hier für bzw. mit den Frauen musizieren, malen, Karten und Ball spielen, massieren, Yoga machen oder sich mit Henna bemalen. Jetzt zu unseren neuen/ alten Bewohnerinnen. Unsere älteste, erste Frau war Janaki, damals schon fast 90 Jahre alt. Im November 2017 hat ihre Tochter sie zu sich geholt. Ende Januar 2018 (nach 2 Monaten) hat Manoharan sie nachts auf der Straße gefunden: völlig entkräftet, nur noch Haut und Knochen, in Lumpen gekleidet, ohne ihre Brille, mit Panik und Angst im Blick. Jede von uns hat geweint bei ihrem Anblick! Ihre Tochter hat sie zum Betteln an die Straße gesetzt!!!!!!! Unvorstellbar für uns!!! Jetzt ist sie langsam zur Ruhe gekommen. Sie schläft viel und kann ununterbrochen essen. Der irre panische Gesichtsausdruck ist verschwunden und sie kommuniziert auch zeitweise mit den anderen Frauen. Sie ist jetzt die erste Bewohnerin vom Kati-Heim zusammen mit Sarathas und mit Anniyammal. Anniyammal kam zu uns im März 2017. Ihr Schwiegersohn hat sie nackt, nur mit einem schmutzigen Betttuch an die Straße gesetzt zum Erbetteln seines Alkoholkonsums. Mehrere Versuche von uns, auch Polizeieinsatz haben nur kurzfristig genützt. Sie hat sich nur ganz langsam eingelebt. Ihr winziger Körper ist auch nur Haut und Knochen. Sie sitzt meist in der Hocke und verbirgt ihren Kopf in den Händen oder einem Schal. Sie isst und schläft gut und wird abwechselnd, wenn die gehfähigen Frauen draußen ihren Spaziergang machen, im Rollstuhl mitgenommen.

Dass wir diesen Frauen, die mitleidlos aus Familie und Gemeinschaft ausgeschlossen werden, helfen können ist Dir/Ihnen zu verdanken! Herzlichen tiefen Dank für alle Spenden, die unsere Arbeit möglich machen auch im Namen aller Helfer, Vereinsmitglieder und Freunde.

Eine andere Säule unserer Arbeit ist die Hilfe für junge Witwen in Not, die von heute auf morgen nicht einmal mehr eine karge Reismahlzeit für ihre Kinder haben. Ihre Situation war schon vor dem Tod des Ehemanns trostlos: Oft sind die Kinder behindert, der Mann war schon lange Trinker, gewalttätig, krank oder ohne Arbeit, bevor er oft Suizid begangen hat. Als Witwe erleben die Frauen den ganzen Hass der Schwiegereltern, die ihnen die Schuld geben am Tod ihres Sohnes. Sie werden wie Sklavinnen behandelt und oft vom Schwiegervater oder den Brüdern missbraucht. Jede Form von Elend ist hier anzutreffen. Tamilarasini und Kodimali, unsere beiden Sozialarbeiterinnen, sind ständig unterwegs, um diese Frauen in den Dörfern zu finden, zu interviewen und Reports zu schreiben, damit wir zusammen in jedem einzelnen Fall entscheiden können, was zu tun ist. Meistens kaufen wir zuerst Reis, Linsen, Öl, Zwiebeln und Knoblauch und schauen dann, wie wir die jungen Frauen in eine ihnen angemessene Arbeitsroutine bringen können, so dass sie bald ihren Lebensunterhalt selbst bewältigen können. Dann achten wir darauf, dass die Kinder gut betreut, beschult oder ausgebildet werden können und geben dazu auch kräftige Beihilfen und Unterstützung. Manoharan und Lioba, die guten Geister unseres Projekts in Tiruvannamalai leisten hier wunderbare, unermüdliche Arbeit. An dieser Stelle herzlichen Dank!

An dieser Stelle auch Dank an Latha, unsere neue Englischlehrerin, die selbst Witwe geworden ist und seit einem Monat unsere jungen Witwen und indischen Helferinnen in Englisch unterrichtet.

Jeden Tag ereignen sich neue, wunderbare Geschichten von Frauen, denen wir helfen können. Ich könnte noch Seiten füllen….. Wenn Du siehst, wie unsere jungen Witwen aufblühen, wenn sie ihre Chance erkennen, ein eigenständiges, freies Leben mit ihren Kindern und oft dann auch mit ihren Eltern zu führen, dann wirst Du uns weiter mit Deiner dringend benötigten Spende unterstützen.