April 2020 Der erste Monat mit Corona

Ich hoffe, Ihr seid gesund.

Unser Leben in Deutschland ist nicht so bedroht. Dass wir bisher keinen Mangel gelitten haben, ist nicht selbstverständlich. Sicher habt Ihr in den Nachrichten gesehen und gehört, wie eine Ausgangssperre auch anders durchgeführt werden kann.
Seit dem 25.3. versucht die indische Regierung mit drastischen Maßnahmen den Corona Virus zu besiegen. Die Ausgangssperre wird rigoros durchgesetzt: Rikshas, Autos, Busse, Züge und Taxen dürfen nicht fahren. Tausende sind zu Fuß unterwegs nach Hause in ihre Dörfer. Alle Ashrams, Tempel, Kirchen und Moscheen sind geschlossen. Quarantäne bedeutet striktes Eingeschlossen sein im Haus oder der winzig kleinen Hütte bei inzwischen hochsommerlichen Temperaturen von ca. 35 – 38°. Der Aufenthalt außerhalb des Hauses wird mit „Herumlungern“ bezeichnet und von zahlreichen Polizisten rigoros mit Stockschlägen bestraft. Morgens sind jetzt Lebensmittelgeschäfte und Märkte meist nur für kurze Zeit geöffnet. Ein Mitglied einer Familie darf für alle einkaufen. Das größte Problem ist jedoch die Beschaffung von Nahrung bei den Menschen, die buchstäblich von der Hand in den Mund leben.  Kleine Straßenhändler, Rikshafahrer, Feldarbeiter und viele mehr leben von ihren täglichen kleinen Einnahmen, die sofort „verzehrt“ werden. Sie haben keine Reserven, um ihre Familie zu ernähren, wenn sie nicht ihrer täglichen Arbeit nachgehen können. Die Regierung gibt Reis, 1 kg Linsen und 1 kg Öl, sowie 1000 Rupien (ca. 15 Euro) Das ist nicht genug. In dieser Situation ist unser Om Shanthi Old Age Home für Witwen dank Eurer lieben Spenden eine Oase in der Wüste. Es befindet sich in dem kleinen Dorf Kaveriyam Poondi, 3 km weg von der Stadt Tiruvannamalai. Der einzige Dorfpolizist prügelt hier niemanden und die Stimmung ist normalerweise entspannt. Unser umsichtiger Projektpartner Herr Manoharan sorgt dafür, dass unsere Frauen isoliert, wohl genährt und gepflegt die Krise überstehen können. Unser Heim ist als öffentliches Gebäude (Altenheim = Krankenhaus) eine Fackel im Sturm. Da unser Heim ein anerkanntes öffentliches Altenheim ist, werden wir hoffentlich auch zukünftig Zugang zu den Nahrungsquellen der Regierung haben. (Dies wird nicht kostenfrei sein!) Allgemein haben sich die Kosten für Lebensmittel ca. verdoppelt. Unser Collector (Landrat) hat inzwischen in den Dörfern kleine Lebensmittelverteilungsplätze eingerichtet, wo die Bevölkerung mit dem Allernötigsten versorgt wird. Das reicht nicht. Wir helfen mit, die Ärmsten der Armen mit Lebensmitteln und warmen Mahlzeiten zu versorgen.
Das haben wir mit Euren Spendengeldern getan. Ein besonderes Anliegen für uns sind unsere jungen Witwen, die mit ihren Kindern „draußen“ leben. 77 junge Witwen arbeiten in den Werkstätten von Premalaya Handicraft (früher Shanthimalai Handicraft). Sie erhalten weiter den größten Teil ihrer Gehälter, obwohl sie momentan nicht arbeiten und auch der Verkauf der Produkte im Moment nicht stattfinden kann.133 unserer jungen Witwen arbeiten als Tagelöhnerinnen auf den Feldern, auf dem Bau oder als Reinigungskräfte in Haushalten oder Hotels. Sie haben bisher ca. 150 Rupien (1,80 Euro) täglich verdient. Jetzt sind sie abhängig von den Gaben der Regierung, die nicht ausreichend sind. Es ist auch sehr wahrscheinlich, dass nicht alle Frauen wieder in ihre alte Arbeitsstelle zurückkehren können, wenn die Corona-Krise vorbei ist. Wir werden diese alleinstehenden Frauen mit ihren Kindern unterstützen müssen, da sie die schwächsten Mitglieder der Gesellschaft sind. Wir helfen ihnen weiterhin bei Krankheit, Hausreparaturen und der Ausbildung der Kinder. Wenn Du magst, freuen wir uns wenn du einen Betrag  für die Ernährung unserer Witwen und ihrer Kinder spendest.

Wir von Om Shanthi e.V. bedanken uns sehr herzlich und grüßen Dich und Deine Lieben mit den besten Wünschen, gesund und vertrauensvoll zu bleiben.

Anna
Ergänzung von Annette

Ich heiße Anette und bin seit vielen Jahren regelmäßig in Tiruvannamalai und seit März 2019 Vereinsmitglied von OmShanthi e.V.. Zur ersten persönlichen Begegnung mit den Witwen kam es Anfang Dezember im Om Shanthi Old Age Home. Ich wurde mit einem herzlichen Varnakam – dem tamilischen Willkommensgruß empfangen. Die Freundlichkeit dieser traumatisierten Frauen hat mich tief berührt. Im Laufe der nächsten Wochen kamen Ilona, Paulette und andere BesucherInnen dazu und wir verwöhnten die Witwen mit Massagen, Musik und Tanz, mit Brillenpflege, Fingernägel lackieren, Freundschafts-Armbändern, Süßigkeiten, Buntstiften, Ausmalbilder, uvm. Es gab auch sehr innige Momente der Verbundenheit und Anteilnahme. Wenn Frauen über ihr Schicksal sprechen konnten und ihre tief verborgenen Emotionen an die Oberfläche kamen, dann rollten auf beiden Seiten die Tränen und wir umarmten uns. Dieser so berührende und wichtige Austausch war nur durch die Übersetzung von Priya und Anusha möglich, den liebevollen Sozialarbeiterinnen. Wir weinten und wir lachten zusammen. Anna nähte Gardinen und ließ neue Bettlaken anfertigen, zu Pongal erhielt jede Frau traditionell einen neuen Sari.

Die Interviews und Besuche der jungen Witwen waren ebenso berührend. Die Unterstützung der Frauen und ihren Kindern in den Dörfern ist von unschätzbaren Wert und nur durch die unermüdliche Arbeit von OM Shanthi e.V. und Shantimalai Ashram möglich. Da ich schon lange an diesen wundervollen Ort reise, kann ich eine Veränderung im Bewusstsein der Menschen feststellen – dem Ziel von OM Shanthi e. V. Manchmal führen gerade die kleinen Dinge dazu, dass sich kulturelle Dogmen auflösen. Als mich eine tamilische Köchin fragte, ob sie mir gebrauchte Saris für bedürftige Frauen in den Dörfern mitgeben kann, war ich zutiefst beeindruckt. Gern haben wir die Spenden verteilt, aber etwas viel größeres steht dahinter, nämlich, dass die Dorfbewohner das Bedürfnis haben, sich in das Projekt einzubringen und der Witwen-Fluch seine Wirkung verliert. Es geht nicht darum unsere westliche Werte nach Indien zu übertragen, sondern um eine unabhängige und eigenständige Entwicklung der Frauen zu fördern.

Ein herzliches Danke an Anna und
alle die das Projekt ermöglichen.
Danke an alle Unterstützer
und für jede Spende !
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Ein winziges Licht kann den
ganzen Raum erhellen